Zwischentöne - Kammermusikfestival Engelberg
vom 17. bis 19.10.2025
An der Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhundert explodierte die musikalische Vielfalt in einem nie dagewesenen Farbenrausch: Innerhalb weniger Jahre entstand ein faszinierendes Mosaik unterschiedlichster Klangsprachen. Gustav Mahler trieb die Romantik zu emotionalen Extremen, während Maurice Ravel – dessen 150. Geburtstag wir in diesem Jahr feiern – den schillernden Impressionismus mit spanischer Folklore und neoklassischer Eleganz verschmolz. Antonín Dvořák verwob die Seele tschechischer Volkslieder in seine Werke, und Béla Bartók begann bereits in seinem frühen Klavierquintett, obwohl noch geprägt von Richard Strauss, seine unverkennbare Tonsprache zu formen. Gleichzeitig wagte sich die Zweite Wiener Schule in bislang unbekannte Sphären – Alban Bergs erste atonale Miniaturen für Klarinette bieten einen Einblick in dieses Neuland. Sogar der leidenschaftliche Tango der Guardia Vieja entfaltete in dieser Zeit seine ersten Schritte – all das in nur zwei Jahrzehnten!
Doch Wendepunkte markieren nicht nur ganze Epochen – sie offenbaren sich auch innerhalb einzelner Werke. Beethovens frühe Kompositionen lassen bereits die Romantik durch die Fugen der Klassik schimmern: das expressive Streichquintett op. 29, die dramatische Pathétique oder die verspielten Variationen über das Duett Bei Männern, welche Liebe fühlen – sie alle zeugen vom Aufbruch in neue Ausdrucksformen. Auch in der Welt der Lieder offenbaren sich Umbrüche: Hugo Wolfs Italienisches Liederbuch entzündet ein dialogisches Feuerwerk zwischen «ihm» und «ihr» – neckend, sehnsüchtig, zärtlich – voller feiner Ironie und tiefer Hingabe. Und Robert Schumanns innige Duette lassen zwei Stimmen im Gleichklang der Herzen verschmelzen.
Während dieser drei Tage begegnen wir Musik, die magische Wendungen des Schicksals heraufbeschwört – die kreisenden Wirbel eines Sturms, das Ticken eines sich drehenden Uhrwerks oder den endgültigen Wendepunkt: den Tod selbst – in Schuberts Schwanengesang, Bartóks ergreifender Elegie und Echoes of Drowning Reflections von Maxim Kolomiiets.